1952-2002 – 50 Jahre Freie Wähler
Festrede von Ulrike Marten-Jahns
ein kleiner Rückblick in die Geschichte der Freien Wähler
Liebe Festgäste,
50 Jahre Freie Wähler in Möhrendorf. Das sind auch 50 Jahre enge Verbindung der „Freien Wähler“ mit der Geschichte von Möhrendorf und Kleinseebach.
Lassen Sie mich daher in den nächsten Minuten diese Zeit ein wenig Revue passieren.
Wie sah es vor 50 Jahren in Möhrendorf und Kleinseebach aus ?
Die Straßen waren noch nicht geteert und eine zentrale Wasserversorgung oder gar Abwasserentsorgung gab es noch nicht. Trotz seiner Nähe zu Erlangen existierten hier zwei beschauliche Dörfer neben einander.
Doch die Entwicklung ließ nicht lange auf sich warten.
Der 2.Weltkrieg war soeben vorbei und insbesondere aus dem Osten suchten Heimatvertriebene eine neue Bleibe. Dies ging auch an Möhrendorf und Kleinseebach nicht spurlos vorüber. Die z.B. aus dem Egerland, dem Sudetenland aber auch aus Ungarn ankommenden Flüchtlinge erhöhten die Einwohnerzahl von Möhrendorf auf etwa 1100 und von Kleinseebach auf ca. 500 Personen. Diesen Zuwachs und auch den Aufbau nach dem 2.Weltkrieg zu gestalten, war insbesondere Aufgabe der Politik.
Und hierzu trugen bereits die Freien Wähler bei. Zwar war der Name noch ein anderer , nämlich „ Vereinigte Wahlgemeinschaft“, aber es waren die gleichen Typen von Menschen wie wir sie noch heute in den Reihen der Freien Wähler finden. Menschen, die insbesondere auf kommunalpolitischer Ebene durch sachbezogene Entscheidungen frei von politischen Zwängen ihre Heimat und ihren Lebensraum lebens- und liebenswert gestalten wollen.
Per Gesetz waren diese unabhängigen Wählergemeinschaften in Bayern möglich geworden. Auch Möhrendorf und Kleinseebach verschlossen sich dieser politischen Chance nicht und gründeten unabhängig voneinander , wie schon erwähnt, die „Vereinigte Wahlgemeinschaft“ und in Kleinseebach das „Vereinigte Landvolk“ und die Gruppierung „Ordnung und Fortschritt“.
Ich kenne diese Zeiten leider nur von Erzählungen meiner Eltern, Bekannten und von Bildern, da ich noch nicht geboren war. So danke ich auch an dieser Stelle allen denen, die mir bei der Aufarbeitung der Geschichte mit Informationen und Rat zur Seite standen, insbesondere unserem Altbügermeister Karl Lindner.
Den Älteren von Ihnen geht es da anders;
Sie haben noch Erinnerungen an diese Epoche und kennen noch die Personen aus den Ursprungszeiten, aus den Zeiten der ersten Kommunalwahl 1952, aus welcher der über 30 Jahre als Bürgermeister amtierende Hans Ehrhardt hervorging.
Aber auch Gemeinderäte wie Heinrich Hessler, Fritz Rudolph, Josef Wölflick und Wilhelm Rudolph, um nur einige Namen zu nennen.
Es war die Zeit des Aufbruchs in Deutschland , des wirtschaftlichen Aufschwungs, der sich aus den Kommunen heraus vollzog. Die Selbstverwaltung der Gemeinden, wie sie im Grundgesetz verankert ist, trug dazu bei, dass dieser Aufschwung nicht nur durch die große Politik vorangetrieben wurde, sondern durch die Politik an der Basis, in den Städten und Gemeinden.
Dies zeigte sich auch bei uns. In der Ära von Hans Ehrhardt wurde, wie Sie auch in unserem kleine Faltblatt nachlesen können, die zentrale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung aufgebaut. Die Kinder erhielten ein neues und vor allem großes Schulhaus. Auch wurde Möhrendorf und Kleinseebach durch den dritten Versuch den Rhein mit der Donau zu verbinden, betroffen. In den Jahren 1965 – 1970 veränderte der Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals das Ortsbild beider Dörfer.
Gleich darauf verlangte das Jahr 1971 durch die kommunale Gebietsreform den Gemeinderäten von Kleinseebach eine weitreichende Entscheidung ab. Kleinseebach gab seine Souveränität auf und schloss sich mit Möhrendorf zu einer Einheitsgemeinde zusammen.
Dies hatte auch für die Vorgänger der „Freien Wähler“ Auswirkungen. Die bis dahin in Kleinseebach existierende Gruppierung „Vereinigtes Landvolk“ schloß sich mit der „Vereinigten Wahlgemeinschaft“ unter diesem Namen zusammen.
In der vorgezogenen Kommunalwahl im Herbst 1971 wurde Hans Ehrhardt wiederum zum Bürgermeister gewählt. Mit ihm zogen 6 Gemeinderäte der „Vereinigten Wahlgemeinschaft“ – 3 aus Möhrendorf und 3 aus Kleinseebach in das Rathaus ein.
Neben diesen politischen Veränderungen gab es aber auch prägende bauliche Veränderungen in den folgenden Jahren. So wurde die alte Holzbrücke über die Regnitz durch eine Betonbrücke ersetzt und ein paar Jahre später im Rahmen des Autobahnbaus die Flutbrücke neugebaut.
Wie sich durch diese beiden Beispiele zeigt, entstand kontinuierlich eine Verbesserung für Möhrendorf. Dabei wurde aber auch Altes nicht vergessen, was sich insbesondere in dem Beibehalten und der Pflege der vielen Jahrhunderte alten Wasserräder zeigt, die trutzig dem technischen Fortschritt standhielten und –halten.
Lassen Sie mich aber wieder zur Politik zurückkehren. Das Jahr 1978 brachte kurzfristig eine gravierenden Einschnitt in der Kommunalpolitik unserer Gemeinde. Im Rahmen der Gemeindegebietsreform wurden Möhrendorf und Baiersdorf zu einer Verwaltungsgemeinschaft mit Verwaltungssitz in Baiersdorf zusammengeschlossen. Aber es wären nicht die Möhrendorfer, wenn sie sich mit diesem herben Schlag abgefunden hätten. Sie kämpften für ihre Souveränität.
Und auch hier waren die Vorgänger der „Freien Wähler“ mit in den ersten Reihen. Insbesondere dem damaligen Gemeinderat Karl Lindner und Willi Rudolph ist der Erfolg zu verdanken, dass Möhrendorf nach nur kurzer Zeit wieder aus dieser Verwaltungsgemeinschaft zurückgeführt wurde und somit die Gemeindeverwaltung wieder im eigenen Rathaus zu erreichen war.
Aber nicht nur kommunalpolitisch erreichten die „Freien Wähler“ Veränderungen, sondern auch in den eigenen Reihen.
Aus einem mehr lockeren Zusammenschluß von kommunalpolitisch engagierten Frauen und Männern, die sich meist nur vor Kommunalwahlen zusammenschlossen, entstand Anfang der 80iger Jahre der Verein der „Freien Wähler“. Mit dieser Namensänderung und einem gemeinsamen Logo sollte auch der Zusammenhalt und die Verbundenheit mit anderen „Freie Wähler“-Ortsgruppen auf Kreis- und Landesebene aufgezeigt werden. Sie lieferte aber auch eine Wirkung zu den Wählern, nämlich das Markenzeichen für eine kontinuierlich an Sachorientierung ausgerichteten Gemeindearbeit.
Diese Kontinuität spiegelte sich auch wieder, als im März 1983 überraschend Bürgermeister Hans Ehrhardt verstarb. Hans Ehrhardt, der in seiner 31-jährigen Amtszeit begonnen hatte, aus dem rein landwirtschaftlich geprägten Dorf , einen Ort zu schaffen, der auf Tradition aufbaut, aber sich dennoch Neuem nicht verschließt, fand in Karl Lindner einen Mann, der diese Arbeit beständig fortführte.
Mit dem 1984 gewählten Bürgermeister Karl Lindner und mit einer auf sechs Gemeinderatsmitgliedern angewachsenen Freien Wähler Fraktion begann eine für Möhrendorf aufschwungreiche Zeit.
Die Schulturnhalle wurde gebaut und das Schulgebäude erweitert. Nach Oberndorf kam man nun durch den Ausbau einer hochwasserfreien Strasse künftig trockenen Fußes.
Aber auch kultur- und familienpolitisch veränderte sich Möhrendorf durch die Entstehung des Mühlentheaters und den Bau des katholischen Kindergartens.
Durch den Flächenerwerb am Eichenholz wurde bereits 1986 der Grundstein für das heutige Sportzentrum gelegt.
Dazu kam auch noch eine grundlegende Dorfsanierung an mehreren Stellen Möhrendorfs und Kleinseebachs. Diesen Maßnahmen wurde aber auch Anerkennung zuteil. Zum einen durch eine Auszeichnung im Rahmen „Unser Dorf soll schöner werden“, aber auch durch den Zuzug neuer Bürger – insbesondere junger Familien.
Hierzu zähle ich mich auch und ich habe in meiner Möhrendorfer Zeit diesen Ort lieben gelernt. Deswegen setze ich mich auch mit den „Freien Wählern“ für ein weiterhin liebenswertes Möhrendorf ein. Gemeinsam galt es daher auch für mich, dafür zu kämpfen, dass nach 7-jähriger Unterbrechung 2002 der Bürgermeisterstuhl wieder von einem „Freien Wähler“ besetzt wurde.
Aber auch diese Unterbrechung ließen die „Freien Wähler“ nicht nutzlos verstreichen. Wenn auch in der Opposition drückten die Gemeinderäte der „Freien Wähler“ dem Ort ihren Stempel auf. Unter dem Fraktions- und Vereinsvorsitz von Konrad Rudert engagierten sich die Freien Wähler sowohl in der Gemeindearbeit als auch bei Veranstaltungen.
Viele von Ihnen erinnern sich sicherlich an die Hoffeste bei Gerhard Roth und Hans Rentsch , an unser verregnetes Wasserradfest oder an die alljährlichen Kartoffelfeuer, die vor allem den Kindern stets große Freude bereiten.
Auch haben die „Freien Wähler“ durch vielerlei Besichtigungen wie beispielsweise dem Wasserwerk, oder der Hackschnitzelheizanlage in Weisendorf kommunalpolitische Themen aufgegriffen und einer interessierten Schar von Bürgern nahe gebracht. Nicht zuletzt durch die politischen Stammtische ist es uns gelungen, Bürger zu informieren und in die Entscheidungen für Möhrendorf mit einzubeziehen.
Nicht unwesentlich trugen sicherlich diese Aktivitäten dazu bei, dass im Jahr 2002 die „Freien Wähler“ mit Konrad Rudert wieder den 1. Bürgermeister in Möhrendorf stellen dürfen und auch noch einen Gemeinderatssitz dazugewonnen haben.
Erlauben Sie mir zum Schluß über die Vergangenheit hinaus einen Blick in die Zukunft zu werfen. Wir, die „Freien Wähler“ können mit Stolz behaupten, dass wir Möhrendorf in den letzten Jahrzehnten maßgeblich mitgeprägt haben. Daher gilt es nun mit unserem neuen Bürgermeister Konrad Rudert und unseren Gemeinderäten diese erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Dafür stehen die Freien Wähler als Fraktion und auch als Verein.
Die Freien Wähler werden auch in Zukunft eine politische Vereinigung sein, die sich sachorientiert und unabhängig zum Wohle aller Möhrendorfer Bürger engagiert. Der Mensch steht dabei im Mittelpunkt, und wir wollen durch unser Handeln das Wohl jedes einzelnen und dadurch das Wohl unseres Dorfes mehren.
Unterstützen Sie alle uns in diesem Handeln, wie es viele Mitglieder, Freunde und Sympathisanten der „Freien Wähler“ in der Vergangenheit getan haben, damit wir weiterhin zu einem lebens- und liebenswerten Möhrendorf beitragen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Fortführung der Chronik:
Bei der Bürgermeisterwahl 2008 wurde Bürgermeister Konrad Rudert wiedergewählt. Mit ihm konnten 7 FW-Gemeinderäte in den Rat der Gemeinde einziehen. Diese waren Steffen Schmidt, Harald Rudolph, Rainer Frisch, Margit Krämer, Georg Hammerschmitt, Willi Durnik und Peter Röcklein. Dies war das erfolgreichste Ergebnis in der GEschichte der Freien Wähler in Möhrendorf.
Es wurden zahlreiche Projekte verwirklicht und angestoßen:
– Neubauten / Anbauten: Rathaus und Kinderhaus, Umkleiden auf dem Sportgelände, Kinderkrippe im katholischen Kindergarten
– Renovierungen und energetische Sanierung: Altes Rathaus, katholischer Kindergarten, Öffentliche Toilette
– Nahwärmenetz für Schule und Kinderhaus mit einer Hackschnitzelheizanlage
– Erneuerung der Wasserversorgung
– Ausweisung eines Neubaugebiets
– Verbesserungen beim Busangebot
– Umfangreiche Straßen- und Gehwegreparaturen
– Schaffung eines erwähnenswerten Biotopverbundes
– Photovoltaikanlagen auf Schulturnhalle und Bauhof – Sparsame Haushaltsführung
Weiter wurde der Ausbau von DSL-Breitband-Anschlüssen auf den Weg gebracht.
Der „gute Kontostand“ der Gemeinde im Jahre 2014 lässt weitere Investitionen, wie das Vereinszentrum, den Anbau der Seebachtalhalle und die Anschaffung eines Feuerwehrlöschfahrzeuges, in den nächsten Jahren zu.
Bei der Kommunalwahl im Jahre 2014 wurde Thomas Fischer von der CSU zum Bürgermeister gewählt. Konrad Rudert unterlag mit nur 80 Stimmen unterschied. In der Periode 2012-2020 werden die Freien Wähler von Steffen Schmidt, Willi Durnik, Peter Röckelein und Hermann Knapp im Gemeinderat vertreten.
Im Jahr 2020 konnten die Freien Wähler drei Sitze im Möhrendorfer Kommunalparlament erzielen. Steffen Schmidt, Jürgen Pillipp und Hermann Knapp wurden in den Gemeinderat gewählt. Wie auch schon in der Periode 2014-2020 wurde Steffen Schmidt zum Zweiten Bürgermeister gewählt. Fraktionssprecher wurde Jürgen Pillipp.